Tageblatt Interview mit HBI Geschäftsführer Sven Geertz

Krisengespräch – Das tägliche Interview zur Corona-Lage: Heute mit HBI-Geschäftsführer Sven Geertz
„Ein wenig Demut tut unserer Branche gut“

LADNKREIS. Die Wohnungsbaugesellschaft HBI gehört zu den großen Playern der Bau-Branche in der Region. Sind wirklich fallende Preise durch die Corona-Krise auf dem Immobiliensektor zu erwarten? Die Antwort weiß der HBI-Geschäftsführer Sven Geertz.

TAGEBLATT: Wo erreiche ich Sie gerade?

Geertz: Zu Hause in Buxtehude. Wir warten auf den HSV im Fernsehen.

Die Corona-Krise hat weltweit massive Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft. Dies könnte für Investoren, Immobilieneigentümer, potenzielle Hauskäufer und Vermieter gleichermaßen Folgen haben. Spüren Sie bereits erste Anzeichen?

Zunächst einmal ist es eine Pandemie, die leider so viele Menschen auf der ganzen Welt unvorbereitet und unvorstellbar gesundheitlich aber auch wirtschaftlich bis ins Mark getroffen hat. Vor diesem Hintergrund sind die Auswirkungen in unserer Branche eher zurückhaltend und untergeordnet zu bewerten. Ein wenig Demut tut unserer Branche gut.

HBI ist einer der großen Player auf dem regionalen Immobilienmarkt. Sie bauen mit dem Geld von Investoren und vermieten die Wohnungen. Fangen wir mit den Investoren an. Glauben Sie, dass nach der Krise weniger in Immobilien investiert wird?

Selbstverständlich wird es Investoren geben, die durch die Corona Krise viele negative Auswirkungen erleben mussten und vielleicht dadurch generell Investitionen zurückstellen müssen. Doch es gibt auch eine Vielzahl von Kunden und Anlegern, die gerade in diesen turbulenten Zeiten die Sicherheit in einer langfristigen Anlage in Immobilien suchen und in den sicheren Hafen der Immobilie investieren möchten. Zugegeben, das ist keine neue Erkenntnis, aber in diesen Zeiten dann doch eine wichtige Feststellung. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien durch die Corona-Krise nicht geringer ist. Aber, auch wenn uns die Krise schon sehr lange vorkommt: Wir erleben die neue Situation erst zwei Monate. Insofern ist eine seriöse Prognose zur Entwicklung derzeit noch nicht möglich.

Sie haben über 1 500 Wohnungen in der Verwaltung. Da sind sicherlich viele Mieter dabei, die derzeit herbe wirtschaftliche Einschnitte haben. Können viele die Miete nicht mehr bezahlen?

Sicherlich werden auch viele Mieter, die in den von uns verwalteten Wohnungen wohnen, mit den Folgen der Pandemie, insbesondere der Kurzarbeit, zu kämpfen haben. Dennoch beobachten wir hier keine größeren Einschnitte im Wohnungsmarkt, sondern konnten doch mehr die Anfragen von Mietern im gewerblichen Bereich mit Unterstützung der Eigentümer unserer Objekte lösen. Hier haben wir im Sinne der Mieter schnelle und unbürokratische Vereinbarungen für Ladengeschäfte, Frisöre, Handel getroffen, die leider in der CoronaKrise ihre Geschäfte nicht öffnen durften und somit ohne Einnahmen waren.

Sie vermieten derzeit ihre neuen Wohnungen in den Brunkhorstschen Wiesen in Buxtehude. Gibt es angesichts der Krise weniger Interessenten?

Die Nachfrage nach Wohnraum in Buxtehude ist nach wie vor sehr hoch und für die Wohnungen in unmittelbarer Innenstadtlage konnten wir mit unserem Team eine hohe Vermietungsquote erzielen. Die Fertigstellung des Projektes ist für August/September vorgesehen und wir gehen davon aus, dass – wie bisher immer – die Nachfrage das Angebot übertreffen wird. Mit anderen Worten: Wir haben keine Probleme mit der Vermietung.

Sie haben insbesondere in Neu Wulmstorf einige Großbaustellen, unter anderem bauen sie 232 Wohnungen in 21 Stadtvillen. Inwiefern hat die Corona-Krise Auswirkungen auf die Bauarbeiten?

Natürlich mussten auch auf einer Baustelle dieser Größenordnung eine Reihe von zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen für die Handwerker umgesetzt werden. Unsere Projektleitung, die Architekten und die am Bau beteiligten Firmen haben hier in kürzester Zeit einen umfangreichen Arbeitsablauf erarbeitet, der die Sicherheitsabstände der Handwerker untereinander als auch gewerkeübergreifend berücksichtigt. Das hat den Baufortschritt aber nicht entscheidend gebremst.

Sind viele Handwerker wegen Corona-Infektionen ausgefallen?

Zum Glück hatten wir keine Corona- Fälle auf den Baustellen, sondern nur einige Handwerker, die sich aus Vorsorge in Quarantäne begeben mussten. Aber auch das hat keine gravierenden Auswirkungen an der Großbaustelle gehabt.

Glauben Sie, dass in der Metropolregion die in den vergangenen Jahren heftig gestiegenen Immobilienpreise durch die Corona-Krise jetzt fallen?

Falls Sie darauf anspielen, dass in Hamburger Medien bereits ein Preisverfall gemeldet wird, muss ich widersprechen. Da werden Momentaufnahmen zum Trend gemacht. Es wird jedoch sowohl in Hamburg mit rund 10 000 Wohnungsneubauten pro Jahr als auch im Süden Hamburgs mit vielen Neubauprojekten in der Metropolregion, wie beispielsweise in Neu Wulmstorf, in Buxtehude in der Giselbertstraße und vielen weiteren Projekten, seit Jahren auf die steigende Nachfrage nach Wohnraum reagiert. Das kann langfristig Auswirkungen auf die Preise haben, aber ich bin ganz sicher, einen spürbaren Preisverfall wird es nicht geben. Auch nicht wegen Corona, was alleine darin begründet ist, dass die Nachfrage um ein Vielfaches höher ist als das Angebot.

Was kann das für den Immobilienmarkt südlich der Elbe bedeuten?

Durch S-Bahn und den Bau der A 26, wird die Anbindung an Hamburg immer attraktiver. Insofern wird das Umland für viele Hamburger immer ein begehrtes Ziel sein. Das gilt für Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen gleichermaßen. Wir liegen in den Preisen immer noch deutlich günstiger. Ein kleines – oder wenn Sie so wollen – auch großes Fragezeichen steht am Horizont über Airbus. In der Luftfahrt sind über alle Betriebe verteilt immer noch mehr als 15 000 Menschen, die zu einem Großteil im Umland wohnen. Airbus ist für unsere Region von herausragender Bedeutung. Ich und wir alle können nur hoffen, dass Airbus die Krise der Luftfahrt meistern wird, wie das in der vergangenen Woche vom Deutschlandchef im TAGEBLATT-Interview prophezeit wurde.

Sie sind großer HSV-Fan und meist immer im Stadion. Freuen Sie sich jetzt wirklich auf das Geisterspiel in Fürth?

Ich glaube, dass sich kein Fußall-Fan auf Geisterspiele freut – dennoch werde ich natürlich mit meinem Sohn Nick den HSV vorm Fernseher unterstützen. Wir hoffen, dass der HSV doch noch die Rückkehr in die Bundesliga erreicht – ein drittes Jahr Zweitliga-Fußball wünsche ich mir wirklich nicht. Also, ich freue mich nicht auf die Geisterspiele, aber ich bin sicher, wenn der HSV gewinnt, wird die Freude irgendwie doch da sein.



Das Krisengesprä
ch
Das Coronavirus hat die Menschen im Griff. Überall tagen Krisenstäbe, in vielen Unternehmen sind Notfallpläne in Kraft. Jeden Tag ruft TAGEBLATT-Chefredakteur Wolfgang Stephan seit nunmehr sieben Wochen einen Entscheider oder erfahrenen Corona-Experten an und befragt ihn zur Lage an der Corona-Front in der Region.